Denn alles wird gut?

Eine Hommage an Ilse Weber

 

Ilse Weber, geboren am 11.1.1903 in Witkowitz bei Mährisch-Ostrau, schreibt bereits im Alter von 14 Jahren. Ihre Gedichte, Lieder, Kindermärchen sowie Theaterstücke werden in deutschen, tschechischen, österreichischen und Schweizer Medien veröffentlicht. 1936  spitzt sich die politische Lage zu. Für die Tschechien ist Weber nun eine Deutsche, für die Deutschen eine Jüdin. 1938 siedelt sie mit ihrem Mann Willy und den beiden Söhnen Hanus und Tommy nach Prag um. Der achtjährige Hanus wird mit einem Kindertransport nach England verschickt und dann bei Freunden in Schweden untergebracht. 1939 wird Prag besetzt, drei Jahre später wird die Familie nach Theresienstadt deportiert. Hier arbeitet Ilse Weber tagsüber als Schwester im Kinderkrankenhaus, nachts schreibt und komponiert sie, um dem Unbegreiflichen etwas entgegenzusetzen. Weber schildert in ihren Briefen und Gedichten einfach und direkt den Alltag im KZ. Sie beschönigt nichts, klammert sich aber an eine über die Realität hinausreichende Hoffnung: „Auf Gutes hoffen wir nicht mehr. Das Leben ist für uns unerträglich geworden, wir leben hier fast wie unter Bestien – verzeihen Sie den Ausdruck, ich hoffe, die wirklichen Bestien werden mir ihn auch verzeihen!“
Nach Kriegsende gelingt es Ehemann Willy Weber, der schwer krank verschiedene KZs überlebt, 55 Gedichte seiner Frau zu sammeln. Sie wurden aus dem KZ geschmuggelt oder von Holocaust-Überlebenden aus ihrer Erinnerung aufgezeichnet. Die Verse, die Ilse Weber zum Teil selbst vertont und auf der Gitarre begleitet hatte, etliche davon als Trostgesänge für die Kinder auf der von ihr betreuten Krankenstation, besaßen für ihre Mithäftlinge existenzielle Relevanz: „Ich sitze da und hüte ihre Ruh“, heißt es in „Brief an mein Kind“, „und „jedes Kind ist mir ein Stückchen Du.“

Als die Autorin Ulrike Migdal 1986 eine Anthologie von Chansons und Satiren aus dem KZ Theresienstadt veröffentlicht, darunter „Brief an mein Kind“ mit dem Vermerk „anonym“, erhält sie Post aus Stockholm: „Die Autorin des Gedichts ›Brief an mein Kind‹ ist meine in Auschwitz ermordete Mutter, Ilse Weber. Und ich bin Hanuš, das Kind, um das es in diesem Brief geht.“

Unbeugsam hält Ilse Weber am Glauben an Gott und die Menschlichkeit fest: „Wir dürfen, umgeben von Tod und von Grauen, den Glauben an uns nicht verlieren, wir müssen der Freude Altäre bauen in den düsteren Massenquartieren.“Selbst die Versöhnung artikuliert sie in ihrem Emigrantenlied: „Denn alles wird gut“. Beim Gang zur Gaskammer soll sie für ihren Sohn Tommy und die anderen Kinder das Wiegenlied WIEGALA gesungen haben.

60 – 80 Minuten Lieder, Gedichte, Biografie- und Briefausschnitte: Fragmente einer Zeit, von der wir dachten, sie könnte sich NIE wiederholen. Und doch läuten allerorten die Alarmglocken im Angesicht von Ausgrenzung und rechtsradikalen Tendenzen.

 

Ila Raven (Gesang / Rezitation) ila-raven.com
Heidemarie Wiesner (Piano) heidemarie-wiesner.com
Waltraut Elvers (Bratsche) waltraut-elvers.de